Politik stellt EU-Verbrenner-Verbot infrage – Das sagen Experten dazu

Ab 2035 wird der Verkauf neuer PKW mit Benzin-, Diesel-, Hybrid- oder Gasantrieb in der EU verboten. Diese Entscheidung traf das Parlament im vergangenen Jahr mit einer knappen Mehrheit. Dennoch gibt es immer mehr Diskussionen darüber, ob dieses Verbot bestehen bleiben soll. Politiker und Autohersteller sind geteilter Meinung.

Einige Autohersteller verzögern das Aus für Verbrennerfahrzeuge, während andere strikt an der „Electric Only“-Strategie festhalten. Fachleute aus den Bereichen Antriebstechnik und Verkehrspolitik wurden befragt, wodurch verschiedene Perspektiven und Argumente zum Vorschein kamen.

Politik zweifelt am EU-Verbrenner-Verbot

Kurz vor den EU-Wahlen äußerte sich Ursula von der Leyen skeptisch zum geplanten Verbrennerverbot. Sie betonte die Notwendigkeit, das Verbot 2026 erneut zu evaluieren. Die EU plant dann eine Zwischenbilanz zur CO2-Reduzierung durch E-Mobilität.

Die CDU, gestärkt durch die Wahlergebnisse, will dieses Thema in Brüssel vorantreiben. Christoph Ploß, verkehrspolitischer Sprecher der CDU/CSU, sagte nach der Wahl: „Die Bürger haben gesprochen. Sie wollen kein Verbot des Verbrennungsmotors.“

Geplante Maßnahmen:

  • Überprüfung des Verbrennerverbots 2026
  • Zwischenbilanz zur E-Mobilität
  • Diskussion in Brüssel angeregt durch die CDU

Ploß kündigte an, dass die Union Initiativen im Parlament einbringen werde, um das Verbrennerverbot zu stoppen. Die Debatte um die Rolle des E-Autos als null-Emissions-Fahrzeug bleibt weiterhin im Fokus.

Das sagen Expertinnen und Experten zum Verbrenner-Aus

Prof. Dr. Christian Beidl, TU Darmstadt:

Laut Prof. Dr. Christian Beidl sollte die EU das Verbot von Verbrennungsmotoren überdenken. Die Entscheidung, das Verbot durchzusetzen, basierte auf Symbolpolitik und widerspricht den Empfehlungen der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Beidl betont, dass für eine nachhaltige Zukunft regenerative Kraftstoffe unerlässlich sind. Diese benötigten Verbrennungsmotoren als Energiewandler.

Innovation und Klimaschutz:

  • Andere Regionen der Welt arbeiten bereits an der Weiterentwicklung von Verbrennungsmotoren.
  • Das Verbot in der EU sei innovationsfeindlich und nachteilig für den europäischen Standort.
  • Der Verbrennungsmotor könne bei der Erreichung der Klimaziele effektiv unterstützen.

Zusammenhang zwischen Kraftstoffen und Elektromobilität:

Beidl argumentiert, dass das Verbrennerverbot dem Hochfahren der Elektromobilität schadet. Ein funktionierendes Energiesystem benötigt laut ihm hochdichte speicherbare Energieträger. Hierbei spielen regenerative Kraftstoffe eine wichtige Rolle. Das Verbot behindere den Weg zu einem global wirksamen Klimaschutz, welcher durch Technologiemischung effektiver erreicht werden könne.

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„Absolut nötig, beim Verbot zu bleiben“

Prof. Dr. Ferdinand Dudenhöffer vom Institut Car Future betont die Notwendigkeit, das Verbrennerverbot zu erhalten. Er sieht die Gefahr, dass ohne das Verbot die Klimakatastrophe schneller voranschreitet. Ab 2035 werde der Anteil der Elektrofahrzeuge so hoch sein, dass Verbrenner eine untergeordnete Rolle spielen. Europa riskiert sonst, den Anschluss an die Weltmärkte zu verlieren.

Prof. Dr. Thomas Koch vom KIT Karlsruhe hingegen kritisiert das Verbrennerverbot scharf. Er bezeichnet es als unlogisch, wirtschaftsfeindlich und umweltschädlich. Würde das Zulassungsverbot ab 2035 in Europa umgesetzt, könnten durch CO2-Emissionen aus Stromproduktion über Gas- und Kohlekraftwerke in den folgenden Jahren 30 Milliarden Tonnen CO2 emittiert werden. Ein Drittel davon könne eingespart werden, wenn Elektromobilität gemeinsam mit effizienten refuel-Kraftstoffen für Verbrennungsmotoren realisiert würde. In Ländern wie Japan arbeiten Wissenschaft, Industrie, Mittelstand und Politik zusammen, um eine ausgewogene und nachhaltige Politik zu entwickeln. Dort sowie in China sind sparsame Hybridantriebe eine entscheidende Säule der Zukunft.

„Die Autohersteller wollen den Umstieg und investieren in die Elektromobilität“

Die Autoindustrie steht vor einer Herausforderung: die Emissionen im Verkehrssektor drastisch zu reduzieren. Hierbei kommt der Elektromobilität eine entscheidende Rolle zu. Großinvestitionen in diesen Bereich zeigen das klare Engagement der Hersteller, dieses Ziel zu erreichen.

China und die USA sind Vorreiter, indem sie erheblich in die Elektromobilität investieren. Diese globalen Entwicklungen üben Druck auf andere Märkte aus, um wettbewerbsfähig zu bleiben und den Anschluss nicht zu verlieren.

Stabile Rahmenbedingungen sind für die Autoindustrie unerlässlich, um Planbarkeit und Investitionssicherheit zu gewährleisten. Diese Vorgaben schaffen das nötige Fundament für langfristige Strategien und Innovationen. Verunsicherung in der Politik könnte hingegen wertvolle Arbeitsplätze im Automobilsektor gefährden.

Es ist wichtig, das Ziel der Emissionsfreiheit nicht aus den Augen zu verlieren. Konzepte wie das „fossile Verbrennerverbot“, das Fahrzeuge bis 2035 nahezu emissionsfrei machen soll, sind ein notwendiger Schritt in diese Richtung. Dies bedeutet nicht das Ende des Verbrennungsmotors, sondern einen Umstieg auf nicht-fossile Kraftstoffe.

Die Kombination aus batterieelektrischen und verbrennungsmotorischen Antrieben sieht vielversprechend aus. Effiziente Technologien wie Biodiesel, HVO und e-Fuels aus Biomasse bieten umweltfreundliche Alternativen zu fossilen Brennstoffen.

Ein fairer Vergleich der realen CO2-Emissionen von E-Fahrzeugen und Verbrennungsmotoren ist dabei entscheidend. Dies ermöglicht eine gerechte Bewertung der unterschiedlichen Antriebstechnologien.

Technologieoffenheit gewährleistet, dass die besten Lösungen zur Erreichung der Klimaziele entwickelt und genutzt werden. Verbrennungs- und Elektromotoren spielen dabei gemeinsam eine Schlüsselrolle für eine nachhaltige Mobilität.

AntriebsartenBeispiele
BatterieelektrischE-Fahrzeuge
VerbrennungsmotorBiodiesel aus Raps, Methanol, HVO, e-Fuels

Die Weiterentwicklung beider Antriebsarten kann nachhaltige Mobilität sichern. Denkverbote und restriktive Maßnahmen wären kontraproduktiv für den Fortschritt und das demokratische Europa.

Diese Herangehensweise unterstützt nicht nur ökologische Ziele, sondern auch die wirtschaftliche Stabilität und den Erhalt zukunftsfähiger Arbeitsplätze.

„Denk- und Handlungsverbote konterkarieren aufgeklärte Gesellschaften“

Prof. Dr. Friedrich Indra aus Wien:

Prof. Dr. Friedrich Indra stellt die Frage auf, wie ein politisch initiiertes Verbot von Verbrennungsmotoren in einer Marktwirtschaft eingeführt werden konnte. Er argumentiert, dass solch ein Verbot nur einen marginalen Beitrag zum Klimaschutz leiste und dadurch den technologisch offenen Chinesen Marktchancen eröffne. Indra plädiert für die schnelle Aufhebung des Verbots in der EU, um zu verhindern, dass China bei der Entwicklung und Nutzung von Verbrennermotoren die Führung übernimmt. Er betont, dass nur Verbrennungsmotoren in Kombination mit neuen, klimaneutralen Kraftstoffen einen effektiven Beitrag zur Emissionsreduktion im Verkehr auf Land, Wasser und in der Luft leisten können.

Prof. Dr. Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM):

Prof. Dr. Stefan Bratzel hingegen zeigt ein differenziertes Bild bezüglich des Verbrennungsverbot. Er erkennt die unterschiedliche Meinung zur Sinnhaftigkeit des Verbots an und weist darauf hin, dass dieses zu starken gesellschaftlichen Polarisierungen geführt hat. Bratzel warnt jedoch vor den negativen Konsequenzen einer möglichen Aufhebung oder Verschiebung des Verbots. Zum einen könnte dies das Vertrauen in politische Vorgaben weiter untergraben. Zum anderen würde der Druck auf Unternehmen und Öffentlichkeit, sich zu verändern, nachlassen. Dies wäre langfristig schädlich für die internationale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Firmen. Darüber hinaus sieht er keine greifbare Alternative zur Elektromobilität, um die Klimaziele zu erreichen.

„Andere EU-Länder haben Elektro-Zuwachsraten zwischen 20 und 35 Prozent“

In Ländern wie Frankreich, Belgien, Spanien und den Niederlanden stiegen die Neuzulassungen von Elektroautos im letzten Jahr zwischen 20 und 35 Prozent. Diese Länder haben eine positive Einstellung zur Transition hin zu sauberer Energie.

LandZuwachsrate der E-Auto-Neuzulassungen (%)
Frankreich20-35
Belgien20-35
Spanien20-35
Niederlande20-35

Im Vergleich zeigt sich, dass deutsche Konservative in der EU weitere Verhandlungen führen, wobei Unsicherheit darüber besteht, ob sich ihre Meinungen durchsetzen. E-Fuels bleiben ein umstrittenes Thema, während andere europäische Länder klar auf Elektrofahrzeuge setzen.

„Eine Aufhebung oder Verschiebung wäre kontraproduktiv“

Prof. Dr. Bernhard Geringer von der TU Wien hebt hervor, dass das Verbrennerverbot von der EU rückgängig gemacht werden sollte, da alle erneuerbaren Energiequellen für nachhaltige Mobilität erforderlich sind. Elektrofahrzeuge spielen eine wichtige Rolle, sind jedoch nicht die einzige Lösung. Sie eignen sich ideal für kurze Strecken und in Regionen mit ausreichend grünem Strom. Für Langstrecken-Nutzfahrzeuge, bestimmte Bau- und Landmaschinen sowie für nicht elektrifizierte Züge und Schiffe sind Wasserstoffverbrennungsmotoren und Wasserstoff-Brennstoffzellen sinnvoll. Bei Langstreckeneinsätzen von Schiffen, Flugzeugen und älteren Fahrzeugen bieten sich E-Fuels an.

Prof. Dr. Martin Meywerk von der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg betont, dass ein Verbot von Verbrennungsmotoren zu einem bestimmten Stichtag unsinnig ist. Stattdessen sollten Rahmenbedingungen geschaffen werden, die technologische Offenheit fördern. Dies würde den Wettbewerb zwischen verschiedenen Antriebstechnologien anregen und zu optimalen, differenzierten Lösungen führen. Verbrennungsmotoren werden langfristig an Bedeutung verlieren. Dominante Positionen werden stattdessen batterieelektrische Antriebe und Wasserstoff-Brennstoffzellen einnehmen, insbesondere in energetisch und thermisch optimierten Fahrzeugen.

Prof. Dr. Alexander Eisenkopf von der Zeppelin-Universität Friedrichshafen argumentiert, dass strikte Vorgaben zu Flottengrenzwerten und ein Verbrennerverbot im Vergleich zu einer Klimapolitik, die auf Emissionshandel basiert, ökonomisch ineffizient und kontraproduktiv sind. Diese Maßnahmen würden extrem hohe CO2-Vermeidungskosten in spezifischen Sektoren verursachen und seien ungeeignet, die Emissionen im Straßenverkehr nachhaltig zu reduzieren. Internationale empirische Studien bestätigen diesen ökonomischen Grundsatz.

Zusammengefasst: Die Meinungen der Experten verdeutlichen, dass Technologieoffenheit und ein breites Spektrum an Antriebstechnologien notwendig sind, um nachhaltige und klimaschonende Mobilität zu erreichen. Ein kategorisches Verbot von Verbrennungsmotoren wird als nicht zielführend angesehen.

„Es dürfte schwierig sein, das Verbrenner-Verbot wieder zu kippen“

Derzeit fokussiert sich die EU-Politik auf eine reine Regulierung von Verbrennungsmotoren, anstatt auf marktorientierte Lösungen zur Reduktion von CO2-Emissionen zu setzen. Ein alternativer Ansatz wäre die vollständige Integration des Straßenverkehrs in das bestehende EU-Emissionshandelssystem (ETS). Dies würde die Entscheidungen über Antriebstechnologien und Kraftstoffe größtenteils den Preissignalen für CO2-Emissionen überlassen.

Elektrofahrzeuge bringen jedoch ihren eigenen „Treibhausgasrucksack“ mit sich, der oft übersehen wird. Wenn Strom aus sauberen Quellen knapp ist, können auch Elektrofahrzeuge am Ende schädlich für das Klima sein. In dieser Situation könnte die privatwirtschaftliche „Demotorisierung“ eine mögliche Konsequenz sein.

Ein weiteres Hindernis für die Aufhebung des Verbrenner-Verbots ist das fehlende Initiativrecht des EU-Parlaments für Gesetzesvorhaben. Die Hartnäckigkeit der EU-Kommission und des Rates der Mitgliedsstaaten stellt ein weiteres erhebliches Hindernis dar. Es besteht eine starke Tendenz, den European Green Deal aufrechtzuerhalten und nicht zu gefährden.

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