Der Expertenrat für Klimafragen hat ein Sondergutachten zur Überprüfung der Projektionsdaten 2024 vorgelegt, das die zukünftige Entwicklung der Treibhausgasemissionen in Deutschland untersucht. Demzufolge wird Deutschland seine Klimaziele für 2030 und die Klimaneutralität 2045 aller Voraussicht nach nicht erreichen. Um dies zu ändern, empfiehlt der Expertenrat neue Klimaschutzmaßnahmen, insbesondere in den Bereichen Gebäude und Verkehr.
Ausgelöst wurde die Erstellung dieses 130-seitigen Sondergutachtens durch die Novelle des Klimaschutzgesetzes, die noch nicht vom Bundespräsidenten unterzeichnet wurde. Die Projektionsdaten 2024 zeigen, dass das vorgegebene Emissionsbudget für die Jahre 2021 bis 2030 nur knapp eingehalten wird. Die Experten kamen zu dem Schluss, dass die Zielverfehlungen in den Sektoren Verkehr und Gebäude durch andere Sektoren wie die Energiewirtschaft ausgeglichen werden.
Klimaziel der CO2-Neutralität bis 2045 ist ebenfalls in Gefahr
Laut einer Novelle des Klimaschutzgesetzes sind selbst bei erstmaliger Überschreitung der Ziele keine sofortigen Maßnahmen für die Bundesregierung vorgesehen. Die unter der europäischen Lastenteilung ab dem Jahr 2024 sowie das Ziel einer Emissionsminderung um mindestens 65 Prozent bis 2030 werden ebenfalls nicht durch direkte klimapolitische Handlungen gesichert. Das hebt die stellvertretende Vorsitzende Brigitte Knopf hervor.
Zusätzliche Maßnahmen sind dringend erforderlich. Brigitte Knopf betont, dass die Bundesregierung nicht warten sollte, bis es zu weiteren Zielverfehlungen kommt. Sie empfiehlt, zusätzliche Maßnahmen zügig umzusetzen, besonders in den Bereichen Gebäude und Verkehr, die besonders stark betroffen sind.
Blickt man über 2030 hinaus, ergibt sich ein erschreckendes Bild. Projektionsdaten zeigen, dass die festgesetzten Emissionsziele für den Zeitraum 2031 bis 2040 überschritten werden. Das langfristige Ziel der Treibhausgasneutralität könnte weder bis 2045 noch bis 2050 erreicht werden. Besonders bedenklich ist die Situation im Sektor Landnutzung (LULUCF), der eigene Ziele deutlich verfehlen würde und zeitweise sogar als Quelle von Treibhausgasen fungieren könnte anstatt als Senke.
Ein weiterer Kritikpunkt ist das Fehlen einer langfristigen Strategie. Brigitte Knopf weist darauf hin, dass es an einem klaren Plan zur Erreichung der Treibhausgasneutralität nach 2030 mangelt. Es braucht umfassende und nachhaltige Ansätze, um die Klimaziele langfristig zu sichern und die Gefahr einer permanenten Zielverfehlung abzuwenden.
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Hinweise zu Anforderungen an Prozess, Governance und Verantwortlichkeiten
Prozess zur Erstellung der Projektionsdaten: Der Expertenrat sieht erhebliches Verbesserungspotenzial bei der Behandlung von Unsicherheiten in Projektionsrechnungen. Dies betrifft sowohl die verwendeten Daten als auch die Modelle, die im Prozess zur Erstellung der Projektionsdaten genutzt werden. Die Beauftragung und Erstellung sollten transparent sowie methodisch robust gestaltet sein.
Anforderungen an die Governance: Die Novellierung des Klimaschutzgesetzes wirft Fragen zur Verantwortlichkeit innerhalb der Bundesregierung auf. Besonders die Verantwortung bei festgestellter Zielverfehlung bedarf klarer Zuweisungen. Der Expertenrat schlägt vor, dass Verordnungen schnell spezifizieren sollten, wie die Prozesse zwischen der Feststellung von Maßnahmenbedarf und dem entsprechenden Beschluss detailliert ablaufen sollen.
Rollen und Verantwortlichkeiten: Das Gesetz überträgt die Gesamtverantwortung bei der Zielverfehlung an die Bundesregierung. Es muss klar definiert werden, wer innerhalb der Bundesregierung die Federführung übernimmt. Henning betont die Notwendigkeit klarer Zuständigkeiten, um die Handlungsverantwortung zu präzisieren und effektive Maßnahmen zu gewährleisten.
Spezifik der Umsetzung: Eine rasche Umsetzung durch Verordnungen ist laut Expertenrat essenziell, um Unsicherheiten zu vermeiden und eine klare Linie für die zuständigen Behörden und Akteure zu schaffen.
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„Ein Weckruf an die Politik“
Die Einschätzung des Expertenrates für Klimafragen stellt unmissverständlich fest, dass Deutschland beim Klimaschutz nicht auf dem richtigen Weg ist. Olaf Bandt, Vorsitzender des BUND, fordert die Bundesregierung auf, sofortige Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass die Klimaziele erreicht werden. Besonders wichtig ist eine Verbesserung der Transparenz und Qualität der Emissionsprognosen sowie die Schaffung klarer Verantwortlichkeiten innerhalb der Regierung.
Die bisher stark auf finanzielle Maßnahmen setzende Politik der Bundesregierung hat sich laut Bandt als nachteilig erwiesen. Der strikte Sparkurs, insbesondere gefördert durch die FDP und den Kanzler, gefährdet die Erreichung der Klimaziele für 2030. Dies führt zu Unsicherheiten bei Bürgern und Unternehmen und hemmt zukunftssichere Investitionen.
Im Verkehrssektor sieht Bandt besonders großen Handlungsbedarf. Fossile Mobilität wird weiterhin im großen Stil gefördert, und ungerechte sowie klimaschädliche Steuervergünstigungen für Dienstwagen sollten abgeschafft werden. Bandt schlägt vor, die Kfz-Steuer stärker an den CO2-Ausstoß zu koppeln. Die daraus resultierenden Mittel könnten dann in umweltfreundlichere Verkehrsalternativen wie Fuß-, Rad- und öffentlichen Verkehr investiert werden.
Wichtige Maßnahmen laut Bandt:
- Transparenz und Qualität der Emissionsprognosen verbessern
- Klare Verantwortlichkeiten innerhalb der Regierung schaffen
- Abschaffung klimaschädlicher Steuervergünstigungen
- Neuorientierung der Kfz-Steuer nach CO2-Ausstoß
- Investitionen in umweltfreundliche Verkehrsalternativen
Bandts Aussagen lassen keinen Zweifel daran, dass ein Umdenken und schnelles Handeln erforderlich sind, um die Klimaziele zu erreichen und das Vertrauen der Bevölkerung und der Wirtschaft wiederherzustellen.
„Die Regierung führt das Land sehenden Auges in die Klimakrise“
Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des ökologischen Verkehrsclubs VCD, kritisiert die Leistung des Verkehrssektors und des FDP-geführten Verkehrsministeriums scharf. Der Verkehrssektor verfehle seit Jahren konstant seine Ziele, was maßgeblich zum Verfehlen des Klimakurses Deutschlands beitrage.
Er betont, dass einfache Maßnahmen wie Tempolimits auf Autobahnen und Landstraßen, der Abbau klimaschädlicher Subventionen sowie Investitionen in Bahn, Bus und Radverkehr notwendig seien. Ohne diese Schritte führe die Regierung das Land absichtlich in eine Klimakrise. Ein Blick in die Hochwassergebiete Süddeutschlands zeige, wie eine solche Zukunft aussehen könnte.