Deutsche Automobilhersteller befinden sich in einem bedeutenden Wandel ihrer Antriebsstrategien. Angesichts der strengeren EU-Vorgaben zur Förderung elektrischer Fahrzeuge verabschieden sie sich vermehrt von traditionellen Verbrennungsmotoren.
Während Volkswagen, BMW und Mercedes noch unterschiedliche Zeitpläne für den Ausstieg aus der Benzin- und Dieselproduktion haben, ist bereits ein deutlicher Trend zu erkennen: Neue Motoren werden mehr und mehr außerhalb Deutschlands von internationalen Akteuren wie Geely, Volvo und Renault entwickelt.
Dieses Umdenken findet in einem Markt statt, in dem der Absatz von E-Autos in Europa stark schwankt. Länder wie Frankreich, Norwegen und Italien erleben durch finanzielle Anreize und regulatorischen Druck ein Verkaufswachstum.
Im Gegensatz dazu sinken die Verkaufszahlen in Deutschland, Schweden und den Niederlanden. Diese unsichere Marktsituation führt dazu, dass viele Hersteller ihre strategischen Pläne überarbeiten und die Umstellung auf Elektroantriebe verzögern.
BMW beispielweise passt seine Antriebsstrategie flexibel an die aktuellen Marktentwicklungen an.
Benzinmotoren von morgen kommen nicht mehr aus Deutschland
Ab 2035 wird sich durch das Verbrenner-Verbot und den Fokus auf E-Antriebe die Entwicklung bei deutschen Autoherstellern grundlegend ändern. Die deutschen Marken konzentrieren sich zunehmend auf die Elektromobilität und die dazugehörige Batterietechnologie.
Traditionelle Motoren wie Benzin- und Dieselmotoren werden nicht mehr in Deutschland entwickelt oder produziert. BMW etwa fertigt seine Motoren in Großbritannien und bei Magna Steyr in Österreich.
Die Rolle Deutschlands in der klassischen Motorenentwicklung schwindet somit deutlich.
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Wie China die Schwäche der Autobauer ausnutzt
China positioniert sich in der Automobilbranche zunehmend als Marktführer im Bereich der neuen Energiefahrzeuge (NEVs). Obwohl der Eindruck vermittelt wird, dass Elektroautos im Land dominieren, sind die Zahlen differenziert zu betrachten.
Im Juli verkauften sich 878.000 NEVs, aber 45 % dieser Fahrzeuge waren Plug-In-Hybride, die neben einem Elektromotor auch einen Verbrennungsmotor besitzen. Dennoch ist der Anteil reiner Elektroautos, mit 28 % der Neuzulassungen, bemerkenswert hoch.
Chinas Strategie unterscheidet sich erheblich von internationalen Bestrebungen, wie beispielsweise in der EU. Derzeit gibt es keine Pläne, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor zu verbieten.
In vielen ländlichen Regionen Chinas überwiegt die Nutzung von Verbrennern weiterhin deutlich. Diese strategische Offenheit ermöglicht es China, flexibel auf die Bedürfnisse unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen einzugehen, während in den großen Metropolen der Trend zu Elektrofahrzeugen stark voranschreitet.
Durch diese Flexibilität nutzt China geschickt die Schwächen traditioneller Automobilhersteller aus, die auf strikte Verbotspläne setzen.
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„Horse Powertrain“: Geely, Volvo und Renault im Boot
Eines der bedeutendsten Auto-Joint-Ventures des Jahres 2023 heißt „Horse Powertrain“. Hier haben sich der chinesische Automobilgigant Geely, die schwedische Marke Volvo und der französische Autobauer Renault mit dem Ölkonzern Aramco zusammengeschlossen.
Volvo, das mittlerweile Elektroautos in den Mittelpunkt seiner Strategie stellt, bringt seine Expertise im Verbrennungsmotor in dieses Projekt ein. Diese Partnerschaft ermöglicht es Volvo, weiterhin von seinem Wissen über Verbrennungstechnologie zu profitieren und anderen Automarken zur Verfügung zu stellen, obwohl der Fokus der Eigenmarke auf Elektrofahrzeuge gelegt ist.
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Horse Powertrain erwartet einen Umsatz von etwa 15 Milliarden Euro jährlich und plant die Produktion von rund fünf Millionen Antriebseinheiten. Diese Schätzungen erscheinen zurückhaltend im Kontext der verzögerten Fristen vieler Hersteller für den Ausstieg aus der Verbrennungstechnologie.
Aktuell betreibt Horse acht Fertigungswerke in sieben verschiedenen Ländern sowie drei Zentren für Forschung und Entwicklung.
Dreizylinder-Benzinmotor mit 130 PS, Zweiliter-Turbodiesel
Herzstück der neuen Antriebstechniken ist ein effizienter Dreizylinder-Benzinmotor. Mit einem Hubraum von 1,2 Litern und einer Leistung von 96 kW (130 PS) wird er in Rumänien gefertigt.
Dieser Motor zeichnet sich durch seine Konformität mit den strengsten Euro 7-Abgasnormen der Europäischen Union aus, was ihn besonders umweltfreundlich macht. Er ist in Modellen von Renault und Dacia zu finden, wo er seine Leistung in verschiedenen Fahrzeugtypen unter Beweis stellt.
Parallel dazu befindet sich ein 2,0-Liter-Turbodieselmotor in der Entwicklung. Auch dieser wird die Euro 7-Normen erfüllen, was in der heutigen automobilen Landschaft von großer Bedeutung ist.
Das Ziel ist es, moderne Verbrennungsmotoren weiterhin in ausreichender Stückzahl und Qualität anzubieten, um eine Brücke zur Elektromobilität zu schlagen. Diese Strategie soll Unternehmen ermöglichen, ihre Ressourcen gezielt auf Innovationen im Bereich der E-Mobile zu konzentrieren.
Matias Giannini von Horse Powertrain betont die Bedeutung dieser Technologie, indem er die kontinuierliche Weiterentwicklung moderner Verbrennertechnik als Schlüssel zu mehr wirtschaftlichem Spielraum für Unternehmen sieht. Dies eröffnet ihnen die Möglichkeit, in die E-Mobilität zu investieren, ohne an der klassischen Verbrennertechnik festzuhalten.
„Wir füllen die Lücke“
Autohersteller können ihre Entwicklungskosten um etwa 30 Prozent senken. Das bedeutet jedoch für viele deutsche Motorenentwickler einen Verlust an Bedeutung.
Ihr Einfluss auf die Herstellung sinkt drastisch. Deutsche Marken verringern ihr Engagement in der Verbrennungstechnologie.
Der Fokus wird komplett auf die politisch gewollte Elektromobilität ausgerichtet. Die historische Verbrenner-Kompetenz wird daher überwiegend aufgegeben.
„Pferd“-CEO sieht Verbrenner-Verbot gelassen entgegen
Ein überraschender Akteur in der Diskussion um das Aus des Verbrennungsmotors ist der saudische Ölkonzern Aramco. Mit einem beeindruckenden Jahresumsatz von 441 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 hat Aramco ein klares Interesse daran, die Lebensdauer von Verbrennungsmotoren zu verlängern.
Der Schwerpunkt liegt jedoch nicht ausschließlich auf traditionellem Benzin. Aramco erforscht die Möglichkeiten alternativer und synthetischer Kraftstoffe als zukünftige Optionen.
Matias Giannini, CEO von Horse, betont, dass sein Unternehmen dabei eine Schlüsselrolle spielen will. Ohne sich explizit politisch zu äußern, signalisiert er doch deutlich, dass er das EU-Verbot ab 2035 für unrealistisch hält.
Ihm zufolge werden auch dann noch mindestens 50 Prozent der Neuzulassungen weltweit Autos mit Verbrennungsmotoren sein. Diese Perspektive eröffnet Chancen für Innovationen im Kraftstoffbereich.